Permakultur im Reihenhausgarten geht nicht, denn man braucht dafür viel Fläche? kleine Gärten erlauben keine natürliche gestaltung und schon gar nicht den Anbau von Obst und Gemüse? Weit gefehlt! Wir beweisen dir, dass selbst in einem Reihenhausgarten eine reiche Ernte möglich ist.
Bei unseren Gartentagen begegnen wir immer wieder Menschen, die staunend unseren Landsitz besichtigen und dann traurig erklären, dass ihr eigener Garten leider viel zu klein für „sowas“ ist. Zugegeben, mit unseren 3.000 m2 Gartenfläche bewegen wir uns schon im Bereich luxuriösen Flächenbesitzes, aber auch wir haben klein angefangen mit einem 150 m2 großen Rasenstück, das zu unserer damaligen Wohnung gehört hat. Schon dort haben wir einen kleinen Bauerngarten mit Hochbeeten eingerichtet, ein paar Blumenbeete angelegt und sogar einen Sitzplatz mit Feuerschale abseits der Terrasse untergebracht.
Tatsächlich war es am Anfang in unserem großen Garten gar nicht so leicht, Strukturen zu schaffen und die große Fläche so zu gestalten, dass sie abwechslungsreich wirkt und nicht sofort überschaubar ist. Mit Hilfe von Pflanzen und Zäunen haben wir einzelne Gartenräume geschaffen und irgendwann festgestellt, dass die für sich genommen auch als eigenständige Gärten funktionieren würden. Und genau diese Gartenräume zeigen wir unseren Gästen, die glauben, auf kleiner Fläche nichts ernten zu können.
Willkommen im Beerengarten vom Landsitz – Permakultur im Reihenhausgarten-Format
Unser Beerengarten entsprich von der Fläche her einem durchschnittlichen Reihenhausgarten. Das Spannende daran ist, was wir auf einer Fläche von nicht einmal 100 m2 alles ernten können:
- Schwarze Ribisel
- Rote Ribisel
- Erdbeeren
- Maibeeren
- Felsenbirnen
- Stachelbeeren
- Himbeeren
- Japanische Weinbeeren
- Brombeeren
- Aronia
- Khaki
- Zwetschgen
- Pfirsiche
- Ruccola
Dazu kommen noch verschiedene Wildkräuter, die natürlich keiner gepflanzt, aber die auch niemand ausgerupft hat: Gundermann, Spitzwegerich, Löwenzahn und Co lassen sich nämlich ebenfalls ernten und in der Küche verwenden.
Rasen gibt es in unserem Beerengarten nicht, dafür aber einen weichen Rindenmulchweg, auf dem sich zwar auch schon die Erdbeeren ausbreiten, aber wo immer noch genug Platz ist für eine kleinen Sitzecke oder einen Liegestuhl.
Schicht für Schicht zum Food Forest: So geht Permakultur im Reihenhausgarten
Möglich wird diese Erntefülle dadurch, dass wir den verfügbaren Platz geschickt nutzen:
Wie in einem Wald gibt es eine Baumschicht, die in unserem Fall von zwei Zwetschgenbäumen, einem Pfirsichbaum und einem Khakibaum gebildet wird.
Darunter folgt die Strauchschicht, die im Beerengarten natürlich aus verschiedensten Beerensträuchern besteht, wobei sich unsere beiden Aronia-Hochstämmchen auch schon zu kleinen Bäumchen entwickelt haben.
Die Sträucher wurden unterpflanzt mit Erdbeeren und Ruccola als Bodendecker. Sie bilden die Krautschicht. Hier könnte man noch ansetzen und weitere Gemüsepflanzen einbauen, zum Beispiel Mangold, verschiedene Salate oder Buschbohnen.
So entsteht ganz allmählich ein sogenannter Food Forest, der die natürlichen Verhältnisse eines Waldes mit fruchttragenden Pflanzen nachbildet. Und man könnte sogar noch weiter gehen:
In die Bäume könnten Stangenbohnen, Wein oder andere fruchttragende Rankpflanzen hineinwachsen. Bohnen oder auch Erbsen binden gleichzeitig Stickstoff und lagern diesen im Boden ein, wo er als Dünger für andere Pflanzen verfügbar wird.
In einer ruhigen Ecke könnte ein mit Pilzbrut geimpfter Holzblock Platz finden, um eigene Pilze zu ernten. Tatsächlich wachsen im Beerengarten auch Pilze, wir haben aber noch nicht herausgefunden, ob sie auch essbar sind. Sie wurden wohl mit dem Rindenmulch für den Weg angesiedelt.
Ein Bonus, der in Zukunft vielleicht immer wichtiger wird: der Food Forest ist schattig. In unserem Beerengarten lässt es sich auch am heißesten Sommertag dank des angenehmen lichten Schattens der Bäume gut aushalten – und Platz für einen Liegestuhl findet sich immer. So wird Permakultur im Reihenhausgarten zum Zukunftsmodell – vielleicht nicht gegen den Klimawandel, aber für den Umgang damit.
Vielfältige Strukturen schaffen Lebensräume
Ein zentrales Prinzip der Permakultur ist es, Vielfalt zu fördern. Dazu gehört nicht nur, dass man verschiedenste Bäume, Sträucher und Blumen kombiniert, sondern auch, dass man unterschiedliche Lebensräume schafft.
Ein kleiner Totholzhaufen zum Beispiel bietet Nützlingen wie Kröten und Käfern einen Unterschlupf. Nistkästen in den Bäumen locken Vögel in den Garten, vor allem, wenn sie dort auch ein reges Insektenleben als Futter vorfinden und auch ein paar Beeren naschen dürfen.
Sogar ein Miniteich lässt sich realisieren und sorgt nicht nur für ein angenehmes Mikroklima, sondern gibt auch Libellen und ihren Larven sowie vielen anderen Tieren ein Zuhause. Molche und Kröten siedeln sich dann schon von selber an. Nur auf Fische sollte man in so einem Teich verzichten.
Permakultur im Reihenhausgarten bedeutet auch, über die eigenen Gartengrenzen hinaus zu denken. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Nützlinge anzuziehen. Wichtig ist darum, den Zaun um den Garten nicht allzu dicht zu machen. Igel zum Beispiel sind Nützlinge, bei denen jeder Gartenbesitzer sich glücklich schätzen darf, sie beherbergen zu dürfen. Sie durchstreifen ein Revier von mehreren Hektar und brauchen ca. 10 cm große Durchschlupfe im Zaun, um den Garten betreten und auch wieder verlassen zu können.
Um einen Garten igelfreundlich zu machen, sollte man Versteckmöglichkeiten bieten. Hier kommt wieder der Totholzhaufen ins Spiel, oder Laub, das im Winter einfach liegen bleiben darf oder auch ein Igelhaus, das aber gut und natürlich abgedeckt werden sollte. Mit einem regen Wildtierleben hat der Igel Nahrung.
All diese Tiere sorgen dann wieder dafür, dass das natürliche Gleichgewicht gewahrt bleibt und keine Tierart als Schädling überhand nimmt.
Kreislaufwirtschaft gehört auch zur Permakultur im Reihenhausgarten: Mulch, Kompost und Regenwasser
Ein weiteres wichtiges Prinzip der Permakultur ist die Kreislaufwirtschaft. Auf Kunstdünger und Pestizide verzichten Naturgärtner sowieso. Stattdessen sorgen auch bei der Permakultur im Reihenhausgarten organische Mulchmaterialien dafür, dass der Boden feucht und das Bodenleben intakt bleibt.
Organische Materialien, die im Garten anfallen, werden kompostiert. Dafür gibt es auch im Reihenhausgarten viele Möglichkeiten: Entweder mit einem kleinen Komposter in einer ruhigen Ecke oder mit der Methode der Flächenkompostierung. Dabei wird das anfallende organische Material vom Salatblatt bis zum gehächselten Astschnitt als Mulchmaterial unter den Sträuchern verwendet, wo es sich auch im Laufe der Zeit zersetzt und wieder als Dünger dient.
Und wenn sich im Garten tatsächlich kein Platz für den Kompost findet, weil man es gerne ein bisschen ordentlicher hat und darum Flächenkompostierung nicht in Frage kommt? Sogar dafür gibts eine Lösung, und zwar eine Wurmkiste*. Diese geniale Lösung, die sogar aus Österreich kommt, gibts in verschiedenen Größen und man kann damit direkt in der Küche kompostieren! Echt spannend – darum machen wir auch gern ein bisschen Werbung dafür.
Gegossen wird im Food Forest so gut wie nie. Wer bewässert denn im Wald? Der Regen! Und wenn es trocken ist, suchen sich die Pflanzen ihr Wasser in tieferen Bodenschichten, indem sie ihre Wurzeln weiter nach unten schicken. Trotzdem kann man Regenwasser in einer Tonne auffangen und damit frisch gepflanzte Setzlinge angießen. Die sind für einen Schluck Wasser dankbar, denn das sorgt für einen guten Erdschluss rund um die Wurzeln.
Permakultur im Reihenhausgarten ist möglich – und vielleicht die Zukunft
Permakultur ist mehr als nur eine Gartenmethode – es ist eine Lebenseinstellung, die darauf abzielt, im Einklang mit der Natur zu leben. Auch in einem durchschnittlichen Reihenhausgarten können die Prinzipien der Permakultur angewendet werden, um einen nachhaltigen und vielfältigen Garten zu schaffen.
Es kommt nicht auf die Größe an, sondern darauf, sich auf die Natur einzulassen, natürliche Lebensräume zu schaffen und die Vielfalt zu fördern. Selbstverständlich ist Permakultur im Reihenhausgarten möglich und in Zeiten, in denen die Grundstücke immer teuer und damit die Gärten immer kleiner werden, aus unserer Sicht sogar unbedingt nötig.
Selbst in einem wenige Quadratmeter großen Vorgarten lässt sich eine Pflanzgilde aus Hausbaum, Sträuchern und Unterpflanzung umsetzen. Und gerade der Reihenhausgärtner, die Reihenhausgärtnerin kann in einer von Rasenmonokultur (und Mähroboter) geprägten Vorstadtwüste eine Oase für Mensch und Natur schaffen und damit vielleicht auch mehr Natürlichkeit ins Bewusstsein der Nachbarschaft bringen. Ganz zu schweigen von all den guten Sachen, die dann aus dem eigenen Garten auf den Tisch kommen!
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